GEDANKENKABINETT Nichts muss bleiben, wie es ist.
                      GEDANKENKABINETTNichts muss bleiben, wie es ist.

Der Tractatus novus philosophicus ist eine allgemeine und kritische Einführung in die philosophische Lebenspraxis der Gegenwart. Im Folgenden finden Sie einen kleinen Auszug.

Wohl bekomm’s!

 

 Tractatus novus philosophicus

 

 

Allgemeine Einführung in die

philosophische Lebenspraxis der verlorenen globalisierten Welt und den Umgang mit den Gegebenheiten und Zwängen der heutigen (westlichen?[1]) Gesellschaft für

 

Verstummte und eingeschüchtert die Dummen Beneidende.

Nicht für die Trostsuchenden, Hoffnung ist die Mutter aller Dummen.

Nicht für die, die für ihr Glück noch kämpfen.

Sehr für die dabei Gescheiterten und Unterlegenen.

 

 

 

 

Traut nicht dem Glück![2]

 

 

        Einführung

 

Wie soll ich in einer Gesellschaft leben, wenn ihr vorherrschend propagiertes und eingeimpftes zu erstrebendes Hauptziel, das Glücklichwerden, durch die vorgegebenen Glücklichmach-Maßstäbe X, wie Liebe, Geld, Jugend, Karriere, Intelligenz, Schönheit, Gesundheit, hohes Alter…, unerreichbar ist?

Armut, soziale Schichten und Ungleichheit, Bildung und ihre unterschiedlichen Niveaus, soziales Umfeld, Umweltbedrohungen und -schäden, Ängste und ihr stetes Schüren, Kriege… setzen dem Überleben in der Welt und der Gesellschaft andere Maßstäbe.

 

Kann man heute noch glücklich sein? Konnte man es je?

 

Darf man das überhaupt noch angesichts der Anforderungen an einen und Umstände,

- von der Menschheit der Gegenwart abgesehen, weil der Mensch von heute und vielleicht auch schon immer (Ich kann nur auf alte Schriften verweisen, selber war ich nicht dabei[3].) oberflächlich, ignorant, egoistisch und tendenziell dumm, wohlwollend verdummt, bis auf seltene Ausnahmen, ist, - und der tendenziell Unerreichbarkeit der Hauptziele?

Müssen wir jetzt unweigerlich abgestumpft dahinvegetieren, oder/und auf der Jagd von einem Glück zum anderen leben?

 

 

 

 

        Glück

 

Du ewiges Schimpfwort. Du Grausames. Trugbild Du, zynisches Lachen in meinen Ohren. Wenn ich von Dir erzählt bekomme, muss ich kotzen.

Es gibt zahlreichste Definitionen von Glück und mindestens ebenso viele Anweisungen dieses zu ergattern. Ich fasse mich kurz gemäß dem Ausspruch: So viel, wie nötig, so wenig, wie möglich. Es wurde schon zu viel übers Glück gelabert, schwadroniert und schullehrerhaft gepredigt. Ich predige nicht. Ich erkläre nicht. Ich stelle fest aus meiner Welt heraus.

Wenn der Mensch dadurch begründet wird, dass er die Fähigkeit zugeschrieben bekommt, dass er um die eigene Sterblichkeit weiß und dass er Humor entzünden kann[4], dann kann Glück als Gelächter im Angesicht des Todes verstanden werden. Nur, wer tut das schon. Derjenige, der die Absurdität unseres Lebens erkannt hat und das lebenslange Wissen um seine Sterblichkeit erträgt und ganz im Sartreschen Sinne sich fürs Weitermachen entscheidet, unterschreibt vielleicht die Definition von Glück als Galgenhumor des Weitermachens.[5] Der Rest versucht weiter, seiner kurzen Lebenszeit das Glück – oh Unwort – zu entlocken. Und so geht weiter das Gespenst vom Glück um und um und mag nicht weichen.

 

Ich sage:

 

DAS GLÜCK IST EIN TRUGBILD. ES EXISTIERT NICHT.

 

Es ist das bevorzugte Mittel, um die Zivilisation zu leiten und den gemeinen Bürger zu beschäftigen. Solange er sich unglücklich wähnt, strebt er weiter nach den Trauben, die entweder zu hoch oder schon lange weggefault hängen. Er beschäftigt sich weiter nur mit sich selbst und dreht und dreht sich im ewigen Kreise. Der Blick ist starr auf‘s Glück gerichtet und der Verstand stets auf den Vergleich mit dem Glück der andren. Man verstehe hier das Um sich selbst Drehen nicht als Egoismus einer Pirouetten tanzenden Ballerina. Nein, so mancher glaubt sogar im Altruismus[6], der Hingabe an eine tapfere Gemeinschaft, sein Seelenheil gefunden zu haben. Und ja, selbst wenn wir zu spüren meinen, Glück zu fühlen, handelt es sich dabei selten um mehr als um Botenstoffe, die ausgeschüttet werden. Ach, Du leere Welt.

 

Ich sage weiter:

 

ICH BIN NICHT HIER, UM GLÜCKLICH ZU SEIN.

 

Ich bin hier, weil ich in diese Welt geworfen wurde ganz nach meiner Gebürtigkeit. Und jetzt gilt, friss oder stirb. Oder anders ausgedrückt, das Gesetz der Straße oder Survival of the Fittest. Es ist genauso banal. Ich schaffe mir meine Gründe selbst. Die meisten Bürger begründen ihr Sein durch das Streben nach Glück beziehungsweise seinem Gegenteil, dem Trotz.[7] Die Welt ist nicht da für das Glück des Menschen.

 

Meine Formel lautet:

 

NICHT WEGEN. NICHT TROTZDEM. EINFACH NUR EINFACH SO.

 

Das andere, mir wahre Glück, ist, es nicht mehr zu brauchen.

 

[…]

 

 

 

 

        Krieger

 

Um in dieser leeren Welt bestehen zu können, brauche ich die Haltung des samuraischen Kriegers.

 

Kazuo Koike schrieb von 1979 bis 1976 den Manga Kozure Okami.[8] In diesem Manga zeigt Koike anhand der persönlichen Entwicklung des Protagonisten Daigoro die selbstständige Wissenserlangung und den angstlosen Umgang mit Wissen. Wissen im Verständnis des survival knowledge ist bei Koike das Pendant zu Glück. In Daigoro vereint sich das eigenverantwortliche Streben nach Wissen mit dem Wissen um den Verzicht, den es mit sich bringt.[9]

Daigoro ist der Sohn des in Ungnade gefallenen Protagonisten und Ronins Itto Ogami, dem ehemaligen Kaishaku-Nin (Sekundant bei Seppuku) des Shogunats. Durch eine Intrige wird Itto Ogami jedoch des Verrats an dem Shogun verdächtigt. Nachdem er sich dem Befehl widersetzt, Seppuku (Selbstmord) zu begehen, zieht er als Auftragsmörder mit seinem kleinen Sohn Daigoro durch das Japan der Edo-Zeit. Sein Ziel ist die Wiederherstellung der Familienehre. Auf seinem langen Pfad hin bis zur Wiederherstellung seiner Familienehre, lehrt er Daigoro die Selbstständigkeit und den angstlosen Umgang mit Wissen.

Daigoro lernt, denn ihm bleibt nichts anderes. Er lernt, wie der Manga immer wieder betont, nicht gerne und auf einfache Art. Oft sehnt er sich nach dem Herumtollen und Kinderspielen, was die anderen Kinder, denen er auf seinem Weg begegnet, sorglos tun und wozu er selbst allzu wenig Gelegenheit findet.

Aber Daigoro wird zum vollendeten Krieger ausgebildet, sowohl praktisch als auch theoretisch, weil er sich selber dazu entschieden hat, als er von seinem Vater zu Beginn des Mangas vor die Wahl gestellt wird: Er soll wählen zwischen einem Schwert und einem roten Spielball.

Daigoro kann noch nicht sprechen, er ist noch nicht ein Jahr alt. Seinem Vater ist das vollkommen bewusst. Daigoro zögert kurz und krabbelt auf den Ball los. Bevor er diesen erreicht, stockt er und strebt zielgerichtet auf das Schwert zu. Damit hat Daigoro sich gegen das Glück und für den harten Weg des Wissens entschieden.

Auch ich musste wählen, wobei ich vorher den Ball als Trug entlarven konnte.

Wissen Sie, verehrter Leser, der Ball ist magisch. Selbst wenn man erkannt hat, dass er trügt, besteht immer wieder die Möglichkeit sich von seinem roten Glänzen und seinem spaßversprechenden Aussehen zum Selbstbetrug überreden zu lasen. Es ist ja so einfach, dienstbar zu sein.

 

[…]

 

 

 

        Anhang

Regeln und Übungen zum Erlernen des Glücks

 

[…]

 

§

Lies Dein Hagekure. Lern Deinen Musashi.

 

§

Nonverbale Gesten müssen vom anderen erkannt und einem selbst bewusst sein. Und sie müssen klar ausgesprochen werden, um Missverständnissen und damit unnötigem Energieaufwand und höchstwahrscheinlichem Frust vorzubeugen. Auch hier ist es dienlich, präventiv vorzugehen. Wer klar und einfach sagt, was er empfindet und meint, beugt auch dramatischen Inszenierungen vor, die nur ermüdend sind. Nebenbei beeinträchtigt er die missbräuchliche Auslegung seiner Gesten.

 

§

Willst du verstanden werden, wähle die einfachsten Worte, die du finden kannst. Bemühe dich um klares Ausdrücken. Glaube nicht, mit schönen Worten schöne Intentionen ausdrücken zu können. Verstanden werden sie in den wenigsten Fällen. Und in den meisten belächelt. Bewahr sie in den Mauersteinen deiner Gedichte.

 

§

Es wird immer Niederlagen geben. Aufgeben oder weitermachen. Beides ist möglich. Das Weitermachen bringt die Gleichgültigkeit, das Aufgeben das Nichts.

 

§

Weitermachen, immer weitermachen.

 

§

Achte auf deinen Körper und Geist! Ernähre beide so gut wie möglich. Und mehr noch als auf deinen Körper achte auf deinen Geist, weil der Körper meistens vorher schlapp macht.

Und liegst du dann mit Schläuchen im Körper oder aufgesägtem Brustkorb oder sonst wie schwach und unbeweglich, vermagst du von deinem Geist zu zehren. Er wird dich auf herrliche Reisen schicken, wenn du nicht mehr gehen kannst. Er ist es, der dir Geschichten erzählen wird, wenn alle anderen gegangen sind.

Und sollte dein Geist vorzeitig umnächtigt werden, hast du so viele wie mögliche klare Eindrücke in der Welt deiner Interpretation gemacht. Es werden wahrscheinlich deine letzten gewesen sein.

 

§

Atmen, gehen, riechen, schmecken, sehen, fühlen. Und wenn es nur das eigene, schäbige Handtuch ist, ehre den Moment. Er ist einmalig und kann jederzeit vorbei sein. Mehr bleibt nicht.

Vielleicht ist das eine Handtuch tausendmal weicher als das alte, abgenutzte, aber beide können letztlich nur benutzt und gefühlt werden.

Das überhaupt fühlen können bleibt gleich. Auch wenn es befremdlich klingen mag in einer Welt voll Luxussteigerung und Anpreisungen. Wie soll man sonst verkaufen?

Das überhaupt fühlen können ist der Luxus, weil das Leben sich ständig verändert und gravierend verändern kann.

 

§

Optimistisch auf das Jetzt gucken und pessimistisch auf die Zukunft, dann kannst du das, was du gerade hast, achten und ehrvoll und wohl aufnehmen, und leben.

Das auf alles übertragen.

 

§

Etwas, auch eine Handlung, ist nur so schön und gut, wie es der Empfänger als so Gemeintes erkennt und bestenfalls würdigt.

Missachtung und Lächerlichmachen macht das Schöngemeinte und gut Getane als solches lächerlich. Auch in den Augen des Senders. ‚Schön’ funktioniert nur beim Erkennen des intentional Gemeinten.

Würdigt ein Empfänger eine schöne und gute Handlung nicht als solche, entzieht er dem Schönen so die Kraft. Schönes und Gutes ist nur so schön, wie es betrachtet wird.

 

§

Einer sagte einmal, wir müssen eine Massiermaschine erfinden, damit du entlastet wirst. Ich erschrak bis in mein Innerstes.

Nein, selbst wenn diese Maschine wie meine Finger beschaffen sein könnte, wäre die Massage nicht dasselbe. Selbst wenn die Massage der Maschine sich liebevoll anfühlen könnte und dieselben Bewegungen ausführen könnte, wüsste er doch, dass sie es nicht so intendiert, selbst bei einer solchen Programmierung, und dass nicht ich es bin, die massiert.

 

§

Sei dir zunächst deiner Machtdistanzen bewusst. Bis zu welchem Ausmaß erwartest und akzeptierst du, dass Macht ungleich verteilt ist? Was ist für dich der tatsächliche und was der empfundene Unterschied zwischen den hierarchischen Stufen deiner Gesellschaft.

Und wisse vor allem, bis zu welchem Ausmaß die anderen Menschen, auf die du bauen möchtest, wenn du das noch nicht verworfen hast, von Institutionen deines Landes erwarten und akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist. Machtdistanzen sind Spiegel von Rollenvorstellungen.

 

§

Ich bin nicht verantwortlich für das, was du verstehen willst, solange du mich nicht erklären lässt und mir keinen Glauben schenkst.

Geh immer, wenn du auf taube Ohren stößt. Und renne, wenn du wahrnimmst, dass du beginnst, zu einem kalten Herzen durchdringen zu wollen.

 

§

Es gibt tatsächlich empathielose Menschen.

 

§

Reflektiere dein Bedürfnis nach Formalismus. Es ist nützlich, die eigene Dimension der Unsicherheitsvermeidung zu kennen, wenn du dich durch uneindeutige und unbekannte Situationen bedroht fühlst. Du musst unbedingt berücksichtigen, dass andere spezifische Konzepte von Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Handeln und Wissenschaft haben. Wenn du mit anderen Menschen, gleich aus welcher Gesellschaft, beidseitig zufrieden stellend umgehen möchtest, trachte danach, dies zu begreifen.

 

§

Erlerne unbedingt die Sprachen der Welt! Gehe mit allen Kulturen um. Kommunikation ist interkulturell und dies unbedingt auch innerhalb einer einzigen Kultur. Kultur ist allgegenwärtig in ihrem eigenen Tod und nicht zu unterscheiden von den Auswirkungen der gesellschaftlichen Kultur im Besonderen.

Aber halte dir dein Wissen um menschliche Interpretation, Kategorisierung und Wahrnehmung beizeiten vor Augen, damit du wieder sehen kannst.

Interkultureller Sensibilität bedarf es zwischen jedem da draußen. Reine Deduktion.

 

§

Der Formalismus ist gesellschaftlich adaptiert. Überall eine Betonung der äußeren Form unter Vernachlässigung des Inhalts.

 

§

Es ist wichtig zu wissen, inwieweit man sich bei seinen Entscheidungen auf Tradition und Erfahrung, auf kurzfristige Vorteile oder auf das beruft, was für die Zukunft als erstrebenswert betrachtet wird. Das sagt viel über dich aus. Wie orientierst du dich in der Zeit? Und wie ist die deiner Gesellschaft zu beschreiben?

 

§

Liebst du diesen Menschen auch, wenn er sich nicht beobachtet fühlt? Planst du, für ein Immer zu bleiben, guck nicht auf das, wie er sich zu dir, sondern wie er sich zu anderen verhält.

 

§

Werte bedürfen Ritualen und sichtbarer Verhaltensweisen. Es ist unbedingt notwendig, Fenster zu kultivieren, die es ermöglichen, diese Werte zu sehen.

Man ist vielleicht kein Mönch, wenn man eine Kutte trägt, aber einen Mönch erkennt man häufig an seiner Kutte.

 

§

Es gibt keinen ritualfreien Raum in der Gesellschaft.

 

§

In der Reflektion die Hubschrauberposition einnehmen, rät man mir. Und ich antworte mir, was für eine mechanisch-technisierte Assoziation. Interkulturell betrachtet, kam ich vielleicht aus einer Welt, in der Reflektion Verlust der Unmittelbarkeit bedeutet. Ist es doch so ganz gegen eine innerste Natur. Reflektion zerstört unwiederbringlich.

 

§

Reflektion ist auf Sprache angewiesen. Nur die Sprache vermag es, die Zeit in Momente zu teilen, an denen das Denken sich reflektieren kann. Reflektion, der Anfang der Kategorisierung. Beginn und Zusammenhalt der Geistesgeschichte.

Alle Natur erkennend entzaubert. Losgetreten durch einen riesigen überindividuellen Reflektionszusammenhang.

 

§

Einer rät, Menschen sind zum Guten nur durch ein Konzept zu bewegen, nicht durch Vernunfteinsicht. Ein Konzept, das finanziellen Profit für Beteiligte bietet.

Ein anderer meint, selber so reich werden, dass man nicht auf andere angewiesen ist.

Ein Dritter schließt den Buchdeckel über Nissen Piczenik.

Wenn man ein Straßenfest veranstalten möchte, und alle Ansässigen fragt, ob sie nicht etwas beisteuern wollen, damit das Viertel näher zusammenwächst und für ein gutes Zusammenleben gesorgt ist, hat keiner Zeit.

Eröffnet man dagegen den Ansässigen, durch ihre Beteiligung etwas auf leichte Art verdienen zu können, beispielsweise durch Zeltvermietung, kostenlose Reklame oder Grillstände, ist die Beteiligung angeregter.

Hat man genug Geld, ist man auf keinen Anwohner angewiesen.

 

§

‚Der Denker’ ist schön, weil in dieser Figur ein innerer Zustand hypostasiert wird.

In der dreidimensionalen Darstellung des Denkers hat das Denken, als ein innerer, von außen unsichtbarer Vorgang, eine Gestalt angenommen. Das Denken ist in ihr personifiziert und gleichermaßen allegorisch verarbeitet.

Das Geschehen im Inneren eines Menschen, ein rein geistiger Vorgang, hat in dieser Skulptur seine ausdrucksvollste Form gefunden, die dem Betrachter sofort zugänglich ist.

In der Figur des Denkers, muskulös, in starker Anspannung einerseits, andererseits ganz in sich gekehrt und versonnen, vereinen sich in bildhafter Schönheit die Gegensätze Körper und Geist, ergänzen sich und fließen gleichsam ineinander über zu einem idealen Einklang.

Den Denker betrachtend, vermag der Betrachter sich selbst als Nachsinnenden zu erkennen, - sich selbst wieder zu erkennen

Der Denker erscheint nicht fremd oder fern in seiner allzu menschlichen Darstellung. Ihn anschauend, sich selbst studierend. Ergriffen von der Last des Denkens.

Der Denker ist schön, weil er durch das Zusammenspiel seines Körperlichen mit seinem Geistigen, Harmonie und Ruhe ausstrahlt. In sich gekehrt nachsinnend, ist der Denker somit auch ein Sinnbild absoluter Kontemplation.

Er symbolisiert der heutigen Zeit Werte, die Idealcharakter haben. Auch wenn er von Rodin als Darstellung Dante Alighieris gedacht war, kann man in ihm auch den Prototypen der Aufklärung, - den aufgeklärten, edlen, mündigen Menschen sehen.

Als solch ein Sinnbild humanistischer Werte ist die Skulptur des Denkers von Rodin für mich ästhetisch im strengen Sinne und von großem ideellem Wert.

 

§

Am Bahnhof sieht man seltsame Bäume stehen. Ganz kahl und nackt sehen sie aus. Mit verkrüppelten Ästen, an denen keine Zweige stehen geblieben sind. Ähnlich wie bei amputierten Fingern, wenn die Hand wie eine unregelmäßig verbeulte Kartoffel den Arm abschließt.

Ihre Zweige sind abgeschnitten worden, jedes Mal aufs Neue, wenn sie versuchten aus den Ästen zu wachsen. Keine Blätter.

Diese Bäume sehen wie Kunst aus. Das ist wohl auch der Gedanke, der einen befällt bei ihrem Anblick. Soll das Kunst sein? Das ist bestimmt Kunst.

Aber es soll dann doch nur „Natur“ sein. So sehen die Bäume von heute aus.

 

§

Bedeutet Kunst etwas von der Natur Verschiedenes? Etwas Geschaffenes und nicht Gewachsenes? Etwas von jemandem Entstandenes, nicht selbst Gewordenes?

Kunst gab es schon immer, wo es Menschen gab. Kunstschaffende galten der Biologie des Menschen, und damit auch die Kunst als biologisch erklärend, immer als sehr kreative, daraus folgt, intelligente und sehr überlebensfähige Menschen. Kunst also als Selektionsvorteil in der Evolution.

Heißt Kunst vielleicht auch, etwas Werdendes umzugestalten? „Kunst“ kommt von „können“. Von „beherrschen“.

Warum kommt der Gedanke an Kunst auf beim Anblick dieser Bäume?

Künstlich sehen sie aus, nicht natürlich. Aber die meisten Sachen in unserer Zivilisation sind von der Natur unterschieden und nicht Kunst.

 

Was muss hinzukommen, damit etwas Kunst ist?

Ist es die Absicht des Schaffenden? Die der Darstellung? Der Konstruktion? Der Dekonstruktion? Der Methode?

Oder ist es der Symbolcharakter des Geschaffenen? Seine Fähigkeit dazu?

Also wie die Bäume und die Kartoffel?

 

§

Meditiere nicht auf einem Berg. Meditiere inmitten von Chaos.

 

§

Lerne wieder, Deinem Körper zu lauschen. Wenn er Hunger hat, isst er. Wenn er müde ist, schläft er. Wenn er will, dass Du ihm Aufmerksamkeit schenkst, wird er krank.

 

§

Denken ist Kunst. Der verzehrende Drang, seinen eigenen Verstand zu erforschen. Es baut sich auf bis an die höchsten Höhen der Schädeldecke und verwirft sich immer wieder selbst, wenn die Architektonik des nächsten Gedankenbaus sich unvermittelt dazwischen schiebt. Ja zwischen zwei Gedanken, steht doch viel zu oft kaum etwas außer der Millisekunde. Hier liegt eine Tragik des Philosophen. Er schafft nichts Bleibendes. Das Werk seines Tuns ist sein Tun, nämlich sein Denken. Eine Tätigkeit ohne Werk.

 

§

Zerstöre Deine Illusionen!

 

§

Fliehe Deiner Vergangenheit!

 

§

Ruhe ist ein scharfes Schwert. Hänge diesen Satz über schwere Türen, die du öffnen musst.

Gelassenheit ist nicht Ruhe. Schlägt Dein Herz im Gleichklang und plätschert Dein Atem wie Bächlein dahin, bist Du bald tot.

 

§

Demut bedeutet Einsicht in die Notwendigkeit.

 

§

Nennen wir die Hoffnung Wunsch. Selbst dann keimt ihr was Weltfremdes. In Polen sagt man: Die Hoffnung ist die Mutter aller Dummen. In Rom sagte man: dum spiro spero. Unverbesserlich.

 

§

Wir führen nicht immer das Leben, was wir wollen, darauf hat mich meine Familie gut vorbereitet.

 

§

Pack bleibt Pack, egal in welchem Frack.

 

§

Schweigen kann auch ein Machtwort sein.

 

§

Ändere niemals irgendetwas, aber nichts muss bleiben, wie es ist.

 

§

Was heißt, nichts muss bleiben, wie es ist?

Es ist weniger kraftvoller Ansporn, es ist Warnung.

 

§

Pop ist eine leicht erlernbare Fassade, die Unsicherheit, Weltfremdheit und Unerfahrenheit verdeckt. Schöne bunte Welt.

 

§

Geh voran und zeig der Gesellschaft die Spitzen, die sie treibt. Lebe im Verborgenen oder wie ein Eulenspiegel, damit Dein Rückgrat nicht zerschlagen werden kann.

 

§

Der Geist einer Ära vermag nicht festgehalten werden. Er geht und bleibt fort. Wer die Zeiten umdrehen will, scheitert. Wer die Menschen liebt, soll sich um die neue Generation kümmern so gut er kann, wer die Menschen nicht liebt, träume weiter und hoffe, nicht zu erwachen.

 

§

Genesis und Prometheus. Nichts Neues wird produziert. Selber Inhalt, andere Gestalten. So wird ein Text.

 

§

Die Überwindung des Unmöglichen ist der wirkliche Inhalt jeder Psychose.

 

§

Ist der Krieg durch die neolithische Revolution entstanden? Jäger und Sammler werden zu Ackerbauern. Ackerbauen werden zu Industriellen und Arbeitern. Menschen bekommen Rollen. Ist der Krieg wirklich durch Viehzucht, Nahrungsspeicher, Eigentum entstanden? Oder war er immer? Und wird immer sein? Ist er doch der Vater aller Dinge? Würde ich auf den roten Knopf drücken?

Diese Fragen bringen uns nicht weiter. Es macht Spaß sie zu durchdenken, aber Antworten sind zu rar gesät und verändern nichts. Also hüten wir uns und sind bereit.

 

§

Denke jeden Tag an Deinen Tod. Male Dir aus, wie Deine Hände zerfallen und dort niemand ist.

 

§

Sei milde zu Dir. Wer sonst wird das sein?

 

§

Radikale Akzeptanz.

Mehr bleibt einem oftmals nicht. Lerne sie unerbittlich, und werde nicht bitter.

Was nicht geändert werden kann, akzeptiere.

Und radikal wird diese Akzeptanz, wenn Du das Dir Widerfahrene als unabänderlich stehen lassen kannst, ohne in die Knie zu brechen.

 

§

Es ist mit das Schwerste, sich abzugrenzen.

 

§

Lerne zu visualisieren. Heilendes, strahlendes Licht wird Dir Linderung verschaffen, Umhänge lassen Dich unsichtbar erscheinen und fremde Wesen werden Dich beschützen.

 

§

Baue Dir Deinen sicheren inneren Ort. Niemand wird dorthin gelangen und niemand kann dich finden.

 

§

Wir werden dazu gepolt, einen Plan zu verfolgen. Sinn ist schwer und leicht verlernt.

 

§

Einen Moment Unsterblichkeit durch süßes Nichtstun. Und keine Zeit zu hetzen haben.

 

§

Bleib nüchtern und niemals leicht.

 

§

Frag immer nach dem Warum. Man kann nicht genug grübeln.

 

§

Wie konnte ich nur glauben, dass etwas bleiben könnte?

 

§

Außenseiter ist man nur, wenn man irgendwo dazugehören möchte.

 

§

Manchmal muss man schneller sein als der Schmerz und die Gedanken an die Zukunft.

 

§

Gehe davon aus, dass die Qualität der Perzeption der Rezipienten mangelhaft ist, wenn Du sprechen musst.

 

§

Ewigkeit ist außerhalb der Zeit und niemals Gegenwart.

 

§

Geschichte, die gelehrt wird, ist auch immer nur Geschichte der Gewinner.

 

§

Wer keine ebenbürtigen Gegner erkennen kann, hat niemanden. Nichtmals mehr Feinde.

 

§

Sei wie Wasser.

 

§

Leid nicht erklären, aber bestehen.

 

§

Es gibt Wichtigeres als die Liebe. Ach, die Liebe.

 

§

Leidenschaft. Feuer ist das einzige Element, in dem kein Lebewesen ist.

 

§

Same shit different day. Es hört nicht auf.

Ich habe noch nie verstehen können, was es bedeutet, wenn Menschen sagen: Sei nicht so traurig. Es wird bestimmt wieder alles gut. Guck doch, die Sonne scheint so schön. Beachte doch die kleinen Blumen am Wegesrand.

Wird Scheiße schöner, wenn die Sonne drauf scheint?

 

§

Es lässt mich frieren und Schmerzen durchdringen meinen Körper, Schmierfett im Getriebe der verkommenen Zivilisation zu sein.

 

§

Manieren sind doch ästhetischer Ausdruck der herrschenden Moral. Benimm Dich, damit alle sehen, was für ein Prachtkerl du bist. Benimm dich und sei gar artig. Sonst mögen sie dich nicht.

Weltklugheit zählt nicht im großen Haus der Distanzkultur der Manieren.

Widerlich-aggressive Freundlichkeit.

 

§

Man muss wissen, welches Weltbild – Ichbild man hat. Man muss sich entscheiden!

Entscheiden zwischen mir und der Welt auf der einen und mir und dir auf der anderen Seite.

Habe schon entschieden. Und weiß um den Weg, der mich manche Nähe vermissen lässt, bis ich wieder um meine Schwäche weiß. Und bewusst auf meinem Pfad voranschreite. Um dorthin zu gelangen, wohin ich endlich weiß zu wollen. Zu dir, mein Herz, zu dir!

 

§

Monk: Sie wollen nur glauben, dass der ganze Mist, den Sie durchgemacht haben, einen Sinn gehabt hat. Aber hat er eben nicht.

Man: Sie meinen ‚das Leben geht weiter’!?

Monk: Nein, das tut es nicht.

 

§

Wie als würde alles, was vermarktet wird, durch seine Käuflichkeit an Wert und Qualität verlieren. Massentauglichkeit. Gutes ist exklusiv.

 

§

Wie kamst du zu Gott? Bist du als kleines Kind in die Kirche gegangen? Hast du mit deinen Eltern gebetet? Musstest du auch in der Schule beten? Hast du Weihnachten und Ostern gefeiert, Ramadan? Und die Alten in unguten Stunden „Jesus, Maria!“ sagen hören? Sind deine Toten jetzt auch bestimmt im Himmel?

Hättest du ihn gekannt oder angenommen, wenn dies alles nicht gewesen wäre?

Gott, wie er uns gelehrt wird, ist ein soziales Phänomen. Dasselbe gilt auch für die Liebe.

Auch die Biologie tut ihres hinzu. Aber ein großes Ganzes ist unwahrscheinlich.

 

§

Wer zweifelt, denotiert nicht.

 

§

Für den Bruchteil einer Sekunde dieses Zufriedenheitsgefühl. Gesellschaft ist antiproduktiv und materialistisch. Negativ für die Psyche und Gefühle.

 

§

Einer sagt: Und wenn ich übers Wasser laufe, sagen meine Kritiker, schwimmen kann er auch nicht!

Ich sage: Wenn ich übers Wasser laufe, fragt man mich, was willst du denn jetzt schon wieder beweisen?

 

§

Ich scheitere nicht an mir selbst, sondern an meiner Abhängigkeit von der Gesellschaft.

 

§

Am gefährlichsten ist die Dummheit der Menschen. Diese fürchte.

 

§

Irgendetwas behagt mir nicht, wenn ich wieder einmal feststelle, dass ich in einer Gesellschaft lebe, in der es legitimiert ist zu sagen: Du bist ein Arschloch, aber –eh- ist nur meine Meinung.

Es ist nicht die Legitimation, es ist die Gleichgültigkeit den eigenen Emotionen gegenüber, die mich abstößt.

 

§

Wenn Du erst scheiße zu einem Menschen sein muss, damit er Dich wahrnimmt, wolle ihn nicht mehr. Sein Desinteresse gilt in erster Linie ihm selbst. Und gleichgültige Menschen sind gefährlich.

 

§

Lerne, nein zu sagen.

 

§

Je größer ich werde, umso kleiner wird er.

 

§

Was ist mit uns passiert? Wo haben wir unseren Mut verloren? „Promises, promises, I thought I heard it all before.“.

 

§

Mit den Menschen ist es wie mit den Soldaten im Krieg. Erst in der Schlacht zeigen sie ihr wahres Gesicht.

 

§

Gibran erzählte einmal: „Eines Tages im Mai trafen sich Freud und Leid an einem See. Sie sprachen lange und ausführlich miteinander und sie stimmten in allem überein.“ Alles hat seine zwei Seiten. Eine beschissener als die andere. Verinnerliche das.

 

§

Trauer heißt auch Vergeblichkeit.

 

§

Die Vorhölle steht leer. Ort des stillen Wartens.

 

§

Bewusstsein steckt hinter vielem. Nur ist man zu feige, das Bewusstsein zu zeigen, so wie es ist.

Ja, ich fürchte mich vor dem Tod. Auch wenn ich jeden Tag um ihn weiß und viele Tage nicht mehr leben wollte. Und auch wenn ich das Leben wie den Tod sehe. Ich mag beides nicht.

Schön wäre es, nicht geboren worden zu sein. Hasst man seine Eltern hinter all der Liebe, weil sie es waren, die einen bedingten? Ich fürchte, zu früh zu sterben. Zu früh, um mein Werk zu verrichten. Auch wenn ich weiß, dass es nichts zählt. Zu früh, um länger durchzuhalten als die Widersacher. Zu früh, um mein Buch zu Ende gelesen zu haben. Und zu früh, um das zu klären, was ich klären will. Zu früh, um angemessen vorbereitet zu sein.

Und diese Angst, falls da nichts ist. Und Angst, falls da doch etwas ist. Ich will nicht wiedergeboren werden.

Also sag ich mir wieder und wieder, philosophier, solange du kannst. Der Tod kommt selten günstig.

 

§

Ich liebe meinen Kalender. Ich halte mich an ihn noch im Traum, wenn die Welle über mir zusammenschlägt. Und ich liebe ihn auch, wenn Pascal in den Raum wirft: „Weißt du wie man Gott zum Lachen bringen kann? Erzähl ihm von deinen Plänen.“. Mein Kalender ist meine Landkarte der Gesellschaft, Notfallkoffer und Notizbuch in einem.

 

§

Einmal habe ich geglaubt: „Ich habe ihn geliebt, bis ich gemerkt habe, dass Gleichgültigkeit mir besser tut. Nach dir kann ich jeden lieben.“

Das will ich nie mehr glauben. Zynismus macht stark nach außen hin und zerfrisst die Knochen im Innern.

 

§

Wenn du jemanden triffst, den du liebst, hast du auch Zeit.

Die Partnerbörsen von heute sind allesamt auf eine bestimmte Form von Liebe angelegt: Einsamkeiten zu teilen. Partnerschaft ist heute ein Mittel zum Zweck. Der Zweck heißt: Nicht allein zu sein.

Erstens ist man immer allein. Zweitens ist man noch mehr allein, wenn man sich in einer Partnerschaft versteckt. Das ist keine Liebe. Das ist Angst, Gewöhnung und Kultur. Das ist nicht Agape.

  

§

Der Eine ist jemand, der um die Ernsthaftigkeit des Lebens weiß und sich mit mir gewissenhaft zusammenschließt, ein Bündnis gegen die Absurdität des Lebens ein Leben lang zu führen.

Wer sagt, dass es einer ist? Mutter Kultur natürlich.

 

§

Im Schmerz zusammenstehen. Schmerz eint, wenn man ihn teilt. Lass zwei Feinde am selben Schmerz teilhaben und sie vergessen den Krieg.

 

Ich sage: Versuche, den Schmerz allein zu durchlaufen, dann bleibt er echt. Denn mitteilen, kannst du ihn nicht. Wenn Du glaubst, ihn allein nicht tragen zu können, gehe noch einmal fünf Schritte. Wenn Du dann noch immer glaubst, nicht zu können, gehe nochmals drei Schritte weiter. Wenn du dann immer noch nicht glaubst, allein zu recht zu kommen, halte dir vor Augen, dass du trotz des Gefühls, nicht zu können, zweimal konntest. Du bist dennoch acht Schritte gegangen. Dann geh noch zwei. Und wenn Du kannst, brich nicht zusammen.

 

§

Kontrolle ist was Wunderbares und so illusionär.

 

§

Konsequent sein, steht seit Jahren auf einem kleinen Zettel in meinem Badezimmer. Dorthin kam er, nachdem ich beschloss, mich abzugrenzen, mich nicht mehr vom Wege abbringen zu lassen und zu meinem Wort zu stehen.

 

§

„Dem empfindsamen Herzen das Glück, der Aufrichtigkeit die Treue.“, sei für allezeit über meiner Haustür angebracht.

 

§

Das hier und jetzt ist zu keinem Zeitpunkt. Der Moment ist immer schon vorbei. Nur die Zukunft und die Vergangenheit sind denkbar. Erreichbar ist keine Zeit. Wo und wann ich bin, weiß ich nicht. Zeit und Ich, zwei definierbare Konstanten, nur die Definition muss noch gefunden werden. Wer mit einem großen Teil seiner Aufmerksamkeit in der Vergangenheit oder Zukunft ist, hat eine leere und teilnahmslose Vergangenheit.

 

§

Ärger Dich nicht. Zumindest halb so viel, wie Du es gewohnt bist. Du bestimmst über Deine Aufmerksamkeit. Betrachte die Ursache für deinen Zorn.

Du weißt doch, immer wenn es gut geht, geht es kaputt.

 

§

Wie konntest Du vertrauen? Wie konntest Du fordern? Was hast Du erwartet?

 

 

§

Aus Sorge entsteht Angst.

 

§

Die Angst sagt Dir: „Bewege Dich nicht! Mach Dich klein!“. Sag Du Dir: „Steh auf und gehe Deinen Lebensweg auf Deine Weise.“

Die Angst ist so groß, dass Du sie nicht besiegen kannst. Du kannst nur versuchen, dich zu verstärken. Mach Angst zu Deinem treuem Wegbegleiter. Dann schreckt sie dich nicht mehr.

 

§

Sei dankbar, schauerliches Stück.

 

§

Es könnte schlimmer sein, es könnte besser sein. Niemals wird es gut sein.

 

§

Mein Meister sagt: „Die Zeit auf der Erde ist kostbar, denn nur hier können bestimmte Dinge gelernt werden und nirgendwo anders sonst.“.

Niemand hat mich gefragt, ob ich lernen will.

 

§

Es gibt keinen Ausweg aus der Gesellschaft.

 

§

Wo Deine Gedanken sind, bist auch Du.

 

§

Gerechtigkeit heißt nicht Ausgleich. Gerechtigkeit heißt hier rechtgemäßes Handeln. Recht heißt hier Strafe. Gerechtigkeit in dieser Demokratie heißt, alle gleich zu bestrafen.

Ideale Gerechtigkeit ist unmöglich. Wer will den Maßstab setzen?

 

§

Ich fürchte mich vor hysterisierbaren Menschen. Massenreaktionen werden auf uns zukommen. Sucht einen sicheren Ort. Er wird nicht unter den Menschen sein.

 

§

Ich fühle mich machtvoll, etwas anderes zu tun, als ich tun muss.

 

§

Alles braucht eben seine Zeit.

 

§

Das Leben ist gar nichts. Es ist weder gut noch schlecht. Wie eine PET Flasche, die man mit irgendwas füllt.

 

§

Liebe ist ein kulturelles Konstrukt. Wenn man ihm erliegt, ist es ein Streben nach Harmonie. Ein Wille zum gut sein. Lebensbejahend und wahr.

 

§

Das hier wird meine Jugend gewesen sein! Ich sollte das nicht wissen.

 

§

Solidarität. Was soll das sein? Auf jeden Fall etwas Temporäres.

 

§

Meine Ordnung ist elementar. Sie ist Bestandsaufnahme und Kontrolle, Verlust und Flucht. Geschaffene Realität.

 

§

Mehr als gestern, weniger als morgen!, sagt Brooke.

Hoffentlich. - Wie dünn Hoffnung ist. Sie bricht, wenn ich mich auf sie stellen will.

  

§

Über Jean Moulin sagt man: „Er erschuf keine Regimenter, aber er erschuf eine Armee.“.

 

§

Beständigkeit täte gut und gibt es nicht. Nichts konnte ich halten. Alles, was unentbehrlich ist, wird genommen.

 

§

Die Welt ist nicht im Lot.

 

§

Verlass dich nicht auf andere.

 

§

Der andere ist die Falle.

 

§

Ich spreche nicht im Namen der Vernunft. Ich spreche nur in meinem Namen.

 

§

Zweifel gehört zum Glauben.

 

§

Ich sei flexibel, höre ich. Das ist keine Flexibilität. Das ist Gleichgültigkeit.

 

§

Wenn ich Glück habe, ist schwarzer Humor und bittere Erkenntnis das, was bleibt. Wenn ich keines habe, bleibt bloß schwarzer Humor und bittere Erkenntnis.

 

§

Nemo prudens punit, quia peccatum est sed ne pecetur, sagen die Alten und gescheiteren Neuen. Ich sage, auch Strafe ist gesellschaftlich bedingt und somit inkonstant. Strafe ist ein Instrument der Macht. Und insofern immer gesellschaftlich und menschenfeindlich.

 

§

Es sind die reifen Blüten, die am schönsten blühen. Eine Blüte muss verwelken, um Früchte tragen zu können. Romantische Spinnerei.

 

§

Als ich Claus danach fragte, wen er eher aus einem brennenden Haus retten würde, ein Kind oder das weltrettende einzigartige Buch, antwortete er ganz selbstverständlich, dass er das Feuer löschen würde.

 

§

Und immer halte Dir vor Augen das Glaubensbekenntnis eines Samurai des 14. Jahrhunderts.

 

Ich habe keine Eltern: Ich mache Himmel und Erde zu meinen Eltern.

Ich habe kein Zuhause: ich mache Gewahrsein zu meinem Zuhause.

Ich habe weder Leben noch Tod: Ich mache die Gezeiten des Atems zu meinem Leben und Tod.

Ich habe keine göttliche Kraft: Ich mache Ehrlichkeit zu meiner göttlichen Kraft.

Ich bin mittellos: Ich mache Verständnis zu meinem Schatz.

Ich habe keinen geheimen Zauber: Ich mache Charakter zu meinem geheimen Zauber.

Ich habe keinen Leib: Ich mache Ausdauer zu meinem Leib.

Ich habe keine Augen: Ich mache den Blitz zu meinen Augen.

Ich habe keine Ohren: Ich mache Sensibilität zu meinen Ohren.

Ich habe keine Glieder: Ich mache Schnelligkeit zu meinen Gliedern.

Ich habe keine Strategie: Ich mache „unverschattet von Gedanken“ zu meiner Strategie.

Ich habe keine Pläne: Ich mache „die Gelegenheit beim Schopfe packen“ zu meinem Plan.

Ich habe keine Wunder: Ich mache rechtes Tun zu meinen Wundern.

Ich habe keinen Prinzipien: Ich mache Anpassungsfähigkeit an alle Umstände zu meinen Prinzipien.

Ich habe keine Taktik: Ich mache Leere und Fülle zu meiner Taktik.

Ich habe keine Freunde: Ich mache meinen Geist zu meinem Freund.

Ich habe keinen Feind: Ich mache mir Unachtsamkeit zu meinem Feind.

Ich habe keine Rüstung: Ich mache Güte und Rechtschaffenheit zu meiner Rüstung.

Ich habe keine Burg: Ich mache unbewegten Geist zu meiner Burg.

Ich habe kein Schwert: Ich mache Abwesenheit des Selbst zu meinem Schwert.

 

§

Ich will gar nicht wissen, was war. Ich kenne die Konsequenzen und das reicht.

 

§

Gedichte. Poesie. Geheimnissen auf der Spur! Welch Freude. Den Göttern so nahe, sehr fern dem Rest.

Schlechte Reime sind relativ, das heißt, sie sind kulturell bewertet und ebenso geschrieben worden.

 

§

Wem gehört schon irgendwas? „Wenn du wegnimmst, was mir gehört, zerstör ich es!“, sagt Stephanie Forrester und spricht gleich für den Rest der Welt. So dumm sind die Menschen. Abgrundtief dumm und eitel.

 

§

„Erblühte Pflanzen ins Haus holen. Noch nicht erblühte Narzissen rausstellen. Da kann noch Frost und Kälte rüber gehen.“, rät mir mein Fernseher. Und genauso machen wir es mit allem, was noch nicht konditioniert, gebrochen und willenlos geworden ist.

 

§

Alles, was sie sagen, ist nicht Gott. Alles, was sie sagen, ist eine Projektion eigener Gottesvorstellungen auf Gott.

 

§

Der kategorische Imperativ ist weniger als „Handle so, dass du es ewig wieder tun willst.“.

 

§

„Ach egal. Einfach resignieren.“ Welch andere und so erleichternde Konnotation von Resignieren.

 

§

Absolute Autonomie heißt Befreiung von Gott. Die Menschen sind noch nicht so weit, höre ich. Sie werden es nie sein, denke ich. Sie mögen die Autonomie nicht ob ihres kalten Zuges, der durch sie weht.

 

§

Alles schlecht machen, um schneller zu sein als die Wirklichkeit.

 

§

Das ist alles einfach so sinnlos! Nur Humus. Was bleibt? Genießen?

Unser Wollen hat keinen Wert. Was wenn doch alles nur Biologie ist? Wenn wir nur…

Größter Gläubiger, größter Zweifler.

 

§

Menschen, die etwas Besonderes sein wollen, sind es nicht.

  

§

Gelderwerb muss abgeschafft werden.

 

§

Besitz darf nicht an Geld, Systemzugehörigkeit oder Blut gekuppelt sein. Besitz darf nicht aufgelöst und an alle verteilt werden. Besitz darf keinen Neid oder Vorteil hervorrufen.

Die Menschheit muss sich dem Handeln nach allgemeingültigen und einjedem evidenten Gesetzen jederzeit bewusst sein.

Wir brauchen einen allgegenwärtigen Verstand mit globalem und auf jeden Menschen passiv einwirkendem Bewusstsein.

 

§

Deshalb wird hier nichts mehr gut.

 

§

Die bestehende Gesellschaftsform wird sich ändern, hat mein verehrter Geschichtslehrer immer gesagt. Und wir werden es noch erleben.

 

§

Einer nennt mich: „unverbesserliche Sozialistenbraut“. Er kennt mich sehr gut und überhaupt nicht.

 

§

Die Liebe hat nichts mehr mit dem Kopf zu tun. In der Liebe ist man verrückt.

Entweder ist man verliebt, dann weiß man nicht mehr, was man tut. Oder man weiß, was man tut, dann ist man nicht verliebt. Verstehen Sie?

 

§

Euphorie ist immer größenwahnsinnig.

 

§

Angst:

Phylosiphusse (Drosophila), Insektenmassen, Lächerlich machen, Ei, Besteck, fremde Badezimmer, fremde Fußböden, Natur, Leitungswasser, Krieg, Amokläufern, Giftstoffen, Atom, Kaputt machen, Handgeben, Angehustet werden, Angeniest werden, Treppengeländern, Dummen, Unglück, Enttäuschung, Vögeln, Treppen, zur Last fallen, Stein fällt auf meinen Kopf, Nazis, Feuer, Bakterien, Ersticken, Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs, Lähmung, Blindheit, Demenz, Alzheimer, Spinnen, Kampfhunden, Mördern, Psychopathen, Vergewaltigern, Entführern, Unfällen, Viren, Schmutz, Dummheit, Lügen, Gewalt, Körpersekreten, Chaos, Dieben, Vergessen, Tod, Armut, 23, Falten, engen Räumen, aber nur mit vielen Menschen, vielen Menschen, Menschen, Türklinken, Busfahren, Vergangenheit, Zukunft, Versagen, epileptischen Anfällen, Wahnsinn, Wurst, Pestiziden, Milch, wenn nicht Bio, plötzlichem Tod, qualvoller Tod, einsamer Tod, tragischer Tod, angehaucht werden, Genickbruch, Gliedmaßen abknicken, Ausleihern, nassen Taschentüchern, Überbevölkerung, Fanatismus, Unwägbarkeiten, Verdummung, Hedge-Fonds, Aufrüstung, Sodom und Gomorrha, Wasser aus Plastikflaschen, Eltern sterben, Federn

 

§

Ein Drittel des Lebens lernt man. Das zweite Drittel übt man. Das letzte Drittel kann man oder man lernt weiter.

 

§

Abenteuer sind nie angenehm, solange man sie erlebt.

 

§

Philosophie heißt sterben lernen.

 

§

Die Widrigkeiten des Lebens überwinden, ganz wie die Ethik des Überwindes unseres ziellosen Handelns.

 

§

Melancholie ist immer im Recht. Das Fiat Lux ist hier nur der Mut im Sinne des: Was zu tun ist, muss getan werden. Mut bedeutet den Sieg über sich selbst. Sei Feuervogel. Bemühe dich darum. Mut ist der ewige Neuanfang. Wenn man sich in die Hose pisst, hält das nicht lange warm.

 

§

Lebe einfach wie du kannst. Was du nicht kannst, musst du lassen.

 

§

Hin und wieder einfach resignieren.

 

§

Altwerden. Man geht halt Stück für Stück aus der Welt.

 

§

Man muss sich zu helfen wissen, wenn man so allein ist. Sonst wird die Stille plötzlich sehr laut.

 

§

Ich verachte die Empirismuspolizei.

 

§

Dankbar dafür sein, dass es nicht noch schlimmer ist, ist erbärmlich.

 

§

Es ist keine Sucht. Es ist eine Lust.

 

§

Ein Ziel erreichen ist nicht immer so, wie man es erwartet hat.

 

§

So viel zu Illusion: Wenn man liebt, dann glaubt man auf einmal an Gott.

 

§

Die Technik zermalmt den Menschen, von Arbeit entfremdet egal ob kapitalistisch oder sozialistisch.

 

§

Die Wissenschaft wird der Weisheit vorgezogen, deshalb Niedergang aller Welten!

Beauvoir sagt, nur eine moralische Revolution holt den Menschen hier raus. Ich sage, auch die nicht.

 

§

Kunst ist nur ein experimenteller Denkprozess, der zu einem Objekt führt! Nicht mehr und nicht weniger.

 

§

Gleichgültigkeit lebt sich besser als Resignation.

 

§

Kein Volk der Welt lebt so gut vom Kapitalismus und kein Volk verachtet den Kapitalismus so wie die Deutschen. Joffe hat das ‚das falsch verstandene marxsche Bewusstsein‘ genannt.

 

§

Nicht wegen, nicht trotzdem. Einfach nur einfach so.

 

§

Wider die Gewalt heißt verstehen lernen.

 

§

Gerade weil ich nicht zuversichtlich bin, tue ich das mir Menschenmögliche, um Zuversicht zu ergattern. Da halte ich's wie Clemens August Kardinal von Galen: "Je freudloser die Welt ist, desto mehr sollten wir uns bemühen, Licht und Freude zu verbreiten."

 

 §

Mein Leben ist wie mein Garten. Wenn man fertig ist mit Unkrautjäten und erschöpft durchatmet, kann man auch schon wieder von vorne beginnen.

 

§

Fühlen beeinflusst Denken in Thema und Modus.

 

[…] 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


[1] In demütiger Abgrenzung zum nackten Überleben-Müssen in anderen Regionen der verlorenen Welt.

[2] Es existiert nicht.

[3]Vgl.:

- Keilschrifttext aus Ur um 2000 v. Chr.: "Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe."

- Aristoteles von Stageira: "Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen."

- Sokrates: "Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.

[4] Homo ridens, dass ich nicht lache!

[5] Vgl. Livingston, Gordon: Zu früh alt und zu spät weise. München 2006, S. 216-223.

[6] dem höchsten Egoismus

[7] Vgl. zum Trotz Houllebecq, Michel: Lebendig bleiben. Köln 2006.

[8] Koike, Kazuo: Kozure Okami. Der Wolf und sein Junges. Ausgabe 5 der Comic-Anthologie „Macao“ des Verlages Borchert & Querengässer, 1989.

[1970 bis 1976 als Fortsetzungskapitel in einem japanischen Manga-Magazin, auch zu 28 Sammelbänden mit jeweils mehr als 300 Seiten zusammengefasst.]

[9] Vgl. Sivitanides, Despina: Die Daigoro Methode. Aachen 2006.

Im Glück nicht stolz sein, im Leid nicht zagen, das Unvermeidliche mit Würde tragen, das Rechte tun, am Schönen sich erfreuen, das Leben lieben und den Tod nicht scheuen und fest an Gott und bess're Zukunft glauben, heißt Leben, heißt dem Tod sein Bitt’res rauben.

(Carl Streckfuß)

Diese Webseite ist barrierearm.

Druckversion | Sitemap
© Homepage-Titel